Meine Instrumente
Meine Instrumente
Die wichtigsten Partner in meiner Musikwerkstatt sind meine Instrumente. Sie verbinden meine innere Welt mit der äußeren. Beide sind zwar ziemlich unspektakulär, dennoch für mich ganz besonders. Für die historische Musik nutze ich ein sorgfältig gebautes Instrument einer unbekannten nordböhmischen Geigenbauwerkstatt aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Erworben habe ich die Violine aus dem Nachlass des Leipziger Musikers und Musikliebhabers Hans Grüß und diese verrückte Geschichte verbindet mich mit ihr:
Mit elf Jahren war ich groß genug, um eine große, sog. ganze Violine spielen zu können. Man gab mir ein dunkles Instrument mit einem Löwenkopf anstelle der Schnecke in die Hand und sagte, die Violine sei vom Großvater. Ich spielte sie zwei Wochen lang, danach wurde sie mir in der Musikschule hinterhältig gestohlen. Meine Enttäuschung und Trauer waren groß, ich dachte, das wäre das Ende meines Geigenspiels. Doch, wie es so im Leben ist, war es gerade der Anfang. Aus einer großzügigen Hand bekam ich erst einmal eine chinesische Violine, die an sich nicht so toll war, aber sie brachte die Botschaft mit sich, weiter zu spielen. Die weiteren Wege waren verzwickt, aber eindeutig führten sie mich immer weiter auf dem Weg zum Berufsleben als Geigerin. Nach dem Studium stand ich wieder einmal vor der Frage, was für ein Instrument ich in die Hand nehmen kann. Ich besaß keins und alle geliehenen Violinen mussten zurück an ihre Eigentümer. Ich hatte zwar mein Diplom, aber kein Instrument, was ich spielen könnte.
Eines Tages klingelte das Telefon und die nette Stimme eines Bekannten lud mich ein, einige Instrumente aus dem genannten Nachlass zu probieren. Es waren mehrere Instrumente zum Kauf angeboten, die rotbraune Violine war allerdings das klanglich am meisten ausgewogene und ansprechende Instrument. Im dazugehörigen Etui fand sich ein alter Zettel mit handgeschriebenem Vermerk: Diese Violine wurde 1989 in Trutnov/Tschechien erworben und über die Grenzen überführt … Was für ein Zufall: Trutnov ist die Stadt meiner Kindheit mit der besagten Musikschule. Dort verlor ich einst mein Instrument und damit die Hoffnung auf meine Zukunft. Nach Jahren kam von dort ein Instrument zu mir und brachte mir Hoffnung auf ein Leben voller Musik. Mittlerweile wuchs mir die Violine sehr ans Herz.
Die Violine, die ich als „moderne“ Violine nutze, ist eine „Liebe auf den ersten Blick“. Damals wurde sie noch von meinem Kommilitonen an der Hochschule gespielt, als ich sie zum ersten Mal sah. Das besondere Holz mit vielen weiten Jahresringen und ihr samtiger, honigfließender Ton bezauberten mich jedes Mal, wenn ich das Instrument zu Gehör bekam. Es dauerte noch etliche Jahre bis ich erfuhr, dass diese Violine einer anderen – besseren – Violine weichen muss. Die Gelegenheit ließ ich mir nicht entgehen und habe alles dafür getan, dass das Instrument zu meinem eigenen wird. So wachsen wir schon seit 2009 zusammen. Und dass die „Liebe auf ersten Blick“ schnell verblassen kann? Das kann ich nicht bestätigen.
Erbauer: Petr Sedláček, Plzeň/Pilsen – CZ
Geburtsjahr: 2004